Seite 34. Spieltag
Nach dem fünften Abstieg herrscht das Chaos in Köln. Chaoten wollen nach dem 1:4 des 1. FC Köln gegen den FC Bayern den Platz stürmen. Die Polizei verhindert Schlimmeres. Das unwürdige Ende einer völlig verkorksten FC-Saison.
Wenige Sekunden vor dem Abpfiff droht die Situation im Kölner Stadion zu eskalieren. Mehrere Dutzend Chaoten klettern auf der Kölner Südtribüne auf die Zäune, beschimpfen die vor ihnen aufgereihten Ordner und bereiten die Stürmung des Platzes vor. Rauchbomben werden gezündet, eine große schwarze Rauchwolke steigt auf. Schiedsrichter Florian Meyer pfeift die Partie ab - zehn Sekunden zu früh - wohl aus Sorge um das Wohl der Spieler. Während einige Krawallmacher den Innenraum stürmen, flüchten die Spieler in die Katakomben, eine Hundertschaft der Polizei sichert ab.
Schwarzer Tag für den FC
"Das war schon eine komische Situation für uns alle", sagt Bayern-Torhüter Manuel Neuer nach dem Spiel im sicheren Inneren der Stadiontribüne. Glücklicherweise bleibt der "worst case" in Köln aus, sportlich konnte es für den Klub allerdings nicht schlimmer kommen. Durch den Erfolg von Hertha BSC gegen 1899 Hoffenheim müssen sich die Kölner im Endspurt um Tabellenplatz 16, der zu zwei Relegationsspielen mit dem Dritten der 2. Fußball-Bundesliga berechtigt, geschlagen geben. "Das ist ein schwarzer Tag. Diese Rauchschwaden haben für mich Symbolkraft gehabt", sagte Kölns Trainer Frank Schaefer. Über dem FC liegt an diesem Nachmittag in allen Bereichen ein dunkler Schatten.
Denn auch auf dem Feld fehlte wie viel zu häufig in der Saison wieder einmal das Niveau, um sich in der Bundesliga behaupten zu können. Viele der 50.000 Zuschauer im ausverkauften Stadion dürften den Eindruck gehabt haben, als hätten die Rheinländer den Wettbewerb mit den Berlinern nie ernsthaft geführt. "Wir haben nicht gut gespielt, hatten viele Fehlpässe und waren häufig unkonzentriert", war nach dem Spiel zu hören. Allerdings nicht von den Kölnern, sondern vom Kapitän des FC Bayern, Philipp Lahm. Dennoch hatten die Münchner bei diesem Spiel nie Probleme. Bei den Kölnern war es noch schlimmer.
In allen Belangen unterlegen
Der FC war den Bayern nicht nur taktisch und technisch auf allen Positionen unterlegen, sondern es machten sich auch die körperlichen Defizite deutlich bemerkbar. Während Franck Ribéry und Arjen Roben auf den Außenbahnen lauffreudig kaum zu stoppen waren, fassten sich einige Kölner während der 90 Minuten mehrfach erschöpft in die Hüften. Und auch die Idee eines Offensivspiels, bei der Lukas Podolski als einzige Spitze den Gegner in Schwierigkeiten bringen soll, ging erneut nicht auf. Nicht weil Podolski die nötigen individuellen Qualitäten dafür fehlen würden, sondern weil niemand außer Martin Lanig in der Lage war, so etwas wie einen strukturierten Angriff einzuleiten.
Die Abwehr ist mit 75 Gegentreffern zudem die schlechteste der Liga. Ganze neun Punkte und zwei Siege sind das Ergebnis einer desolaten Performance auf dem Platz, aber auch außerhalb. Das Team hatte offenbar schon lange die innere Balance verloren.
Kölner Mannschaft vor Neuanfang
"Was hier in den vergangenen Jahren entstanden ist, ist eine ganz schwierige Konstellation", sagte der sichtlich geknickte Schaefer, dem es als Interimstrainer in den vergangenen drei Wochen nicht mehr gelungen ist, die gröbsten Probleme zu beheben. "Von meinem Gefühl her war es ein total unnötiger Abstieg", sagte Schaefer.
Die Kölner stehen nun vor einem Neuanfang. "Wir brauchen einen Schnitt. Die Mannschaft muss ein neues Gesicht bekommen", sagte Frank Schaefer. Lukas Podolski wird nicht mehr dabei sein. Der 26-Jährige verlässt den Klub in Richtung London. "Das ist für mich einer der traurigsten Tage", sagte er. "Aber letztlich sind wir verdient abgestiegen."
„Niemals geht man so ganz...“
Tränenreicher Abschied von Podolski - Nummer 10 wird beim FC vorerst nicht mehr vergeben
Von ACHIM SCHMIDT
KÖLN. Das bittere Ende ist allseits bekannt. Der l. FC Köln muss nach der 1:4 (0: 0-Niederlage gegen den FC Bayern München zum fünften Mal in seiner Vereinsgeschichte aus der 1. Bundesliga absteigen. Zuvor hatte es im Rheinenergie-Stadion vor mit 50 000 Zuschauern ausverkauftem Haus einen emotionalen Abschied der Fans von der großen Fußball-Bühne und vor allem von Lukas Podolski gegeben, der seine große Liebe verlässt, um in der neuen Saison für den FC Arsenal in London auf Torejagd zu gehen.
Unter dem Motto „Niemals geht man so ganz. .." der kölschen Ikone Trude Herr, die am vergangenen Freitag 85 Jahre alt geworden wäre, sagte „Poldi" mit Tränen in den Augen vor dem Anpfiff der Partie „Auf Wiedersehen". Und dies nahmen die Verantwortlichen wörtlich. Auf Beschluss des Präsidiums wird die Rückennummer 10, die der 95-fache Nationalspieler nach seiner Rückkehr in die Domstadt aus München trug, solange beim FC nicht mehr vergeben, bis der gerade einmal 26-jährige Torjäger seine, sportliche Karriere beendet hat oder sogar irgendwann einmal zu den Geißböcken zurückkehrt.
Mit seinem vierjährigen Sohn Louis und Nichte Julie an der Hand betrat Lukas Podolski um kurz vor halb vier den Rasen, während die Fans die FC-Hymne schmetterten, die auf seinen Wunsch in der Instrumental-version gespielt wurde. Dann gab es von Präsident Werner Spinner noch einen Blumenstrauß sowie eine Bild-Collage, nachdem man über die Anzeigetafeln zuvor noch einmal seine insgesamt 14 Jahre FC bildlich hatte Revue passieren lassen. Die große Abschiedsrunde durchs Stadion sollte erst nach dem Schlusspfiff stattfinden oder - so die Wunschvorstellung - nach einem weiteren Spiel, der Relegationspartie um den Klassenerhalt. Doch es kam anders. Nach der Niederlage gegen den deutschen Rekordmeister und dem gleichzeitigen 3:l-Erfolg von Hertha BSC gegen Hoffenheim ist die Spielzeit für Köln mit dem sofortigen Abschied beendet.
Und auch Podolski wurde ausgebremst. Als einige Chaoten auf der Südtribüne randalierten und aufs Spielfeld stürmen wollten, pfiff Schiedsrichter Florian Meyer aus Burgdorf die Begegnung bereits wenige Sekunden vor dem offiziellen Spielende ab. „Wir haben von der Bank signalisiert bekommen, dass aus
der Kölner Fan-Ecke Gefahr droht und dem Schiedsrichter gesagt, er solle die Partie abpfeifen", berichtete Bayern-Spieler Thomas Müller.
Das tat der Unparteiische, und die meisten Spieler rannten in die Kabine. Michael Rensing war nicht dabei. Mit Tränen in den Augen schrieb der FC-Torhüter sogar noch Autogramme. Und auch Lukas Podolski wollte den Rasen so schnell nicht verlassen, wurde dann aber von Trainer
Frank Schaefer herausgeführt. „Das ist einer der bittersten Momente der letzten Jahre für mich", sagte er knapp eine Stunde nach Spielschluss. „Ich bedanke mich bei den Fans. Sie waren in all den Jahren für mich da. Ich hoffe, ich habe ihnen etwas davon zurückgeben können. Nahezu der gesamte Rest der Mannschaft wollte sich den Medien nicht stellen, verschwand durch einen Hinterausgang in den VIP-Bereich, wo sich Team und Verantwortungsträger zu einem gemeinsamen Essen versammelten.
Die Geschichte des Spiels ist schnell erzählt und spiegelt in zwei Szenen das ganze Dilemma des sportlichen Auftretens wieder. Beim 0: l durch Thomas Müller (34.) rannten sich Miso Brecko und Kevin McKenna gegenseitig über den Haufen, und der Bayern-Spieler netzte mühelos ein. Beim 0:2 schoss Pedro Geromel bei einer Rettungstat McKenna an, der wiederum Geromel traf, von dem aus der Ball ins Tor trudelte (52.). Arjen Robben (54.) und erneut - und sehenswert per Hacke -Müller (85.) sorgten für die weiteren Treffer der Gäste aus Bayern.
Auf der anderen Seite mühte sich in einer erneut enttäuschenden Mannschaft Lukas Podolski redlich und suchte immer wieder den Abschluss, doch von Erfolg war nur eine seiner Aktionen gekrönt. Nach einem seiner unwiderstehlichen Antritte flankte er auf Milivoje Novakovic, der in der 63. Minute das 1:3 erzielen konnte. Es war die einzige Gelegenheit, in der die Kölner Sympathisanten jubeln konnten. Nun ist ihr Verein abgestiegen und der Publikumsliebling weg. Ein an Podolski gerichtetes Plakat sagte das aus, was viele FC-Fans denken: „Mach et joot, wenn wir könnten, würden wir auch gehen."
Beim Abschied vom 1. FC Köln flössen bei Lukas Podolski die Tränen. (Foto: Thilo Schmülgen)
Köln-München 1:4
Köln: Rensing, Brecko, McKenna, Geromel, Eichner, Lanig (69. Buchtmann), Pezzoni - Riether, Peszko, Jajalo (46. Novakovic), Podolski.-
München: Neuer, Lahm, Timoschtschuk, Boateng, Contento, Schweinsteiger, Toni Kroos (69. Alaba), Robben (75. Rafinha), Thomas Müller, Ribery (71.Badstuber), Gomez.
SR: Meyer (Burgdorf).
Zuschauer: 50 000 (ausverkauft).
Tore: 0:1 Thomas Müller (34.), 0:2 Pedro Geromel (52., Eigentor), 0:3 Robben (54.), 1:3 Novakovic(63.), 1:4 Thomas Müller (85.).
Gelbe Karten: Peszko (8) - Schweinsteiger (2).
Einzelkritik | |||||
lfd. Nr. | Rücken-Nr. | Einwechslung | Spieler 1. FC Köln | Note | |
1 | 1 | Michael Rensing | 4 | ||
2 | 2 | Miso Brecko | 5 | ||
3 | 23 | Kevin McKenna | 5 | ||
4 | 21 | Pedro Geromel | 5 | ||
5 | 4 | Christian Eichner | 5 | ||
6 | 6 | Kevin Pezzoni | 4- | ||
7 | 13 | Martin Lanig | 4- | ||
8 | 5 | Sascha Riether | 4- | ||
9 | 19 | Mato Jajalo | 5 | ||
10 | 15 | Slawomir Peszko | 5 | ||
11 | 10 | Lukas Podolski | 3 | ||
12 | 11 | ab 46.min. | für Jajalo | Milivoje Novakovic | 4- |
13 | 29 | ab 69.min. | für Lanig | Christopher Buchtmann | 4- |
Termin | Begegnung | Ergebnis | Informationen |
---|---|---|---|
Sa, 05.05., 15:30h | Hannover 96 gegen: 1. FC Kaiserslautern | Endstand: 2:1 (Halbzeitstand: 1:1) | Statistik |Historie |
Hertha BSC gegen: 1899 Hoffenheim | Endstand: 3:1 (Halbzeitstand: 1:0) | Statistik |Historie | |
Borussia Dortmund gegen: SC Freiburg | Endstand: 4:0 (Halbzeitstand: 4:0) | Statistik |Historie | |
FC Augsburg gegen: Hamburger SV | Endstand: 1:0 (Halbzeitstand: 1:0) | Statistik |Historie | |
Werder Bremen gegen: FC Schalke 04 | Endstand: 2:3 (Halbzeitstand: 1:1) | Statistik |Historie | |
1. FC Köln gegen: Bayern München | Endstand: 1:4 (Halbzeitstand: 0:1) | Statistik |Historie | |
VfB Stuttgart gegen: VfL Wolfsburg | Endstand: 3:2 (Halbzeitstand: 0:1) | Statistik |Historie | |
1. FC Nürnberg gegen: Bayer 04 Leverkusen | Endstand: 1:4 (Halbzeitstand: 0:2) | Statistik |Historie | |
1. FSV Mainz 05 gegen: Borussia Mönchengladbach | Endstand: 0:3 (Halbzeitstand: 0:1) | Statistik |Historie |
Stand:05.05.2012
Rang
VR
Emblem
Verein
Sp
S
U
N
T
TD
P
Quali
1
(1)
Borussia Dortmund(M)
34
25
6
3
80:25
+55
81
CL
2
(2)
Bayern München
34
23
4
7
77:22
+55
73
CL
3
(3)
FC Schalke 04 (P)
34
20
4
10
74:44
+30
64
CL
4
(4)
Borussia Mönchengladbach
34
17
9
8
49:24
+25
60
CLQ
5
(5)
Bayer 04 Leverkusen
34
15
9
10
52:44
+8
54
EL
6
(6)
VfB Stuttgart
34
15
8
11
63:46
+17
53
ELQ
7
(7)
Hannover 96
34
12
12
10
41:45
-4
48
8
(8)
VfL Wolfsburg
34
13
5
16
47:60
-13
44
9
(9)
Werder Bremen
34
11
9
14
49:58
-9
42
10
(10)
1. FC Nürnberg
34
12
6
16
38:49
-11
42
11
(11)
1899 Hoffenheim
34
10
11
13
41:47
-6
41
12
(12)
SC Freiburg
34
10
10
14
45:61
-16
40
13
(13)
1. FSV Mainz 05
34
9
12
13
47:51
-4
39
14
(15)
FC Augsburg (N)
34
8
14
12
36:49
-13
38
15
(14)
Hamburger SV
34
8
12
14
35:57
-22
36
16
(17)
Hertha BSC (N)
34
7
10
17
38:64
-26
31
Ab-Rel
17
(16)
1. FC Köln
34
8
6
20
39:75
-36
30
Ab
18
(18)
1. FC Kaiserslautern
34
4
11
19
24:54
-30
23
Ab
1998, 2002, 2004, 2006, 2012...
Traurige Fans nach dem fünften Abstieg des 1. FC Köln seit 1998
aus der Bundesliga: Durch die 1:4-Heimniederlage gegen Vize-Meister Bayern München und dem gleichzeitigen 3:1-Sieg von Hertha BSC Berlin gegen Hoffenheim rutschten die Geißböcke auf den vorletzten Tabellenplatz. Vor dem Spiel wurde Lukas Podolski herzlich verabschiedet, (
nach dem Spiel gab es Ausschreitungen in der Südkurve. In der Nacht zum Samstag zogen einige Chaoten vor das Haus von Kapitän Pedro Geromel und mussten beruhigt werden. Der Verein steht nun auch angesichts hoher Schulden vor einem Neuanfang. (Foto: Schmülgen)
(Quelle: Kölnische Rundschau vom 07.05.2012)